Linux ist nicht Suse
Immer wieder hört man es: "Ich habe mir zuhause Linux 9.0 installiert." Dahinter steckt, daß manch einer glaubt, Linux gäbe es nur in seiner Ur-Deutschen Inkarnation, nämlich in Form einer wohlbekannten Distribution einer fränkischen Firma.
Ziel dieses Textes ist nicht, auf SuSE herumzuhacken, egal, wie der Autor dazu steht. Man kann SuSE auch nicht vorwerfen, jemals irgendwas falsch dargestellt zu haben. Was in Deutschland mit SuSE geschieht, nämlich, daß der "Mann auf der Straße" es für das Linux überhaupt hält, passiert in USA genauso mit der Distribution aus dem Hause RedHat bzw. mit RedHats Fedora-Projekt.
SuSE und auch RedHat haben viel für Linux im allgemeinen getan, und verdienen Dank und Respekt dafür. Aber wer nur SuSE und RedHat als Synonym für Linux sieht, tut den vielen unbezahlten Hackern unrecht, die geholfen haben, Linux dahin zu bringen, wo es heute ist.
Wir wollen auch nicht darüber jammern, daß es Softwarehersteller gibt, die sich mit ihren Produkten auf eine Distribution festgelegt haben. Dafür kann es allerhand Gründe geben. Wer kommerzielle Software verkauft und supportet darf durchaus den Wunsch äußern, daß er diese Software nur in einer definierten Umgebung unterstützen will. Immerhin steht die Entwicklung auch heute noch relativ am Anfang.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Linux denn überhaupt?
Auch wenn das schon 1 Million mal geschrieben wurde: Wir schreiben es nochmal. Bei Linux selbst handelt es sich lediglich um einen UNIX nachempfundenen Betriebssystem-Kernel. Dieser wird ständig von einem internationalen Entwicklerteam unter der Leitung von Linus Torvalds weiterentwickelt.
Allein mit dem Betriebssystem-Kernel kann nun aber naturgemäß niemand etwas anfangen. Man könnte sich allein damit noch nicht einmal am System anmelden. Der Kernel allein ist soviel wert, wie ein Motor ohne Auto.
Es gehört also noch etwas "Zubehör" dazu. Die nötigen Komponenten, um sich am System anzumelden, Shells, Editoren, Compiler und eine grafische Oberfläche in Form des X-Window-Systems und seiner zahlreichen Windowmanager.
Die genannten Tools und Compiler wurden 1991, als Linux zum ersten Mal das Licht der Welt erblickte, beim GNU-Projekt der Free Software Foundation entliehen, und gehören auch heute noch zu Linux. Aufgrund der engen Verwandtschaft zwischen den GNU-Tools und Linux wird mittlerweile gern die Bezeichnung "GNU/Linux" für das vollständige Linux-Betriebssystem verwendet.
Distributionen
Linux zu installieren, wäre unter normalen Umständen keine leichte Aufgabe. Man müßte den Kernel herunterladen, auf einem bestehenden Linux-System compilieren, und ihn dann irgendwie auf das neu zu installierende System bringen und bootfähig machen. Zusätzlich hätte man seine liebe Not, ausreichend GNU-Tools auf das neue System zu bringen, um überhaupt irgendwas darauf tun zu können.
Weil das kaum jemandem zugemutet werden kann, gibt es freundlicherweise schon seit langer Zeit Firmen, die CDs mit Linux und vielen Tools zusammenstellen, damit ein "rundes" Betriebssystem direkt von der CD installiert werden kann. Eventuell packen diese Firmen noch eine Dokumentation und Support dazu, und fertig ist... Eine Linux-Distribution!
Es gibt jedoch auch unabhängige Distributionen, wie die des Debian-Projekts, die von unbezahlten freiwilligen Helfern zusammengestellt werden. Insbesondere die Debian-Distribution erfreut sich bei erfahrenen Linux-Anwendern einer ganz ausgezeichneten Reputation, da sie sehr schlank und stabil ist, sowie sich schnell und einfach installieren läßt.
"Und welche Linux-Version habe ich nun?"
Jeder Bestandteil eines Linux-Systems besitzt seine eigene Versionsnummer. Angefangen von den Programmen selbst über den Kernel bis hin zur Distribution selbst.
Die Version eines Programms lässt sich meistens mit der Kommandozeilen-Option "-v" herausfinden. Beispiel:
# mozilla -v Mozilla Firefox 0.9.3, Copyright (c) 2004 mozilla.org
Außerdem kann man diese Version auch über das jeweilige Paketverwaltungsprogramm (rpm oder dpkg, abhängig von der verwendeten Distribution) herausfinden:
# rpm -q perl
# dpkg -l wmaker
# pacman -S perl
Die Version des Kernels bekommt man angezeigt indem man auf der Kommandozeile den Befehl uname -r ausführt. Nur das ist die eigentlich maßgebliche Kernel-Version.
# uname -r 2.4.21-99-smp4G
Die Versionsnummer der kompletten Distribution ist bei vielen Distributionen in einer Textdatei in /etc abgelegt. Sie trägt den Namen Distributor-release oder Distributor_version
# cat /etc/SuSE-release SuSE Linux 9.0 (i586) VERSION = 9.0
# cat /etc/debian_version 3.1
In neueren - LSB konformen - Distributionen sind diese Daten in die Datei /etc/lsb-release gewandert:
# cat /etc/lsb-release DISTRIB_ID=Ubuntu DISTRIB_RELEASE=4.10 DISTRIB_CODENAME=warty DISTRIB_DESCRIPTION="Ubuntu"
Somit kann man auch den Namen seiner Linux-Distribution zusammen mit der jeweiligen Versionsnummer nennen. "SuSE 9.0" ist eine auch unter Linux-Veteranen übliche Bezeichnung. Wer öffentlich verkündet, daß er "Linux 9.0" benutzt, outet sich - auch wenn das sehr hart klingt - als Anfänger, der sich mit der Materie noch nicht im geringsten beschäftigt hat.
Alternativen
Es gibt neben den genannten und bekannten Linux-Distributionen noch viele andere interessante Alternativen. Eine Übersicht der bekanntesten Distributionen gibt es z.B. bei linux.de. Eine so gut wie vollständige Auflistung praktisch aller derzeit relevanten Distributionen mit detailierten Informationen zu jedem enthaltenen Softwarepaket, Links zu Testberichten der jeweiligen Distribution und vielen weiteren Informationen findet sich bei DistroWatch.
Danke fürs Lesen. Und nicht vergessen: Don't believe the Hype! ;-)